Archetypen, kollektives Unbewusstes, C. G. Jung, Kind, Jugendliche, Mann/Frau, Mutter/Vater, Weise, Führungsstil, Paarbeziehung, Kontakt
Ausbildungsseminar 1.5: Archetypenseminar
Entwicklungsarchetypen sind Grundstrukturen menschlicher Verstehens- und Handlungsmuster, die sich einerseits konkret auf die biografische Entwicklung beziehen (Kindheit, Pubertät, Erwachsensein, Elternschaft, Alter). Zugleich sind sie aber nach dem Verständnis von C.G. Jung auch als Wirkprinzip im kollektiven Unbewussten verankert, sodass jeder Mensch sich ungeachtet seiner biografischen Erfahrungen auf diese archetypischen Qualitäten beziehen und dadurch seine Wahrnehmung, sowie sein Verhaltensrepertoire erweitern kann.
Archetypen sind Grundmuster menschlichen Denkens, Fühlens und Verhaltens, die kultur- und epochenübergreifend zu beobachten sind. Der Begriff wurde von C.G. Jung geprägt. Seiner Definition nach drücken Archetypen eine anthropologische Konstante menschlichen Erlebens und Verhaltens aus, dargestellt in verschiedenen Menschen zu verschiedenen Zeiten in vergleichbaren Bildern und vergleichbarer Emotion.
Die Entwicklungsarchetypen bezeichnen Seinsqualitäten, die wir zum einen biografisch entwickeln und durchleben, die zugleich aber auch jederzeit in jedem Menschen angelegt sind. Durch Persönlichkeitsentwicklung können wir die verschiedenen Entwicklungsarchetypen in uns entdecken, weiter entfalten und lernen, situationsgerecht bestimmte Qualitäten zu verstärken oder auch bewusst Abstand davon zu nehmen. Die archetypische Qualität macht uns ein Stück weit unabhängig von unserer Biografie und daraus resultierten Prägungen. Auch wenn in unserer Kindheit möglicherweise kaum Raum für freies Spiel war, können wir den Urtyp des Kindes in uns entdecken, lieben, ihm heute Raum zum kreativen Spiel geben. Dies bewirkt Heilung und eine erweitert unsere Möglichkeiten im Denken, Fühlen und Handeln. Wir arbeiten bei CoreDynamik mit fünf Entwicklungsarchetypen:
1. Kind:
Qualität: Freies Spiel, Kreativität, Freude, Bewegung, Freiheit, Einfachheit durch reine Bedürfnisorientierung. Schattenaspekte: Trotz oder Anpassung, Stagnation in Hilflosigkeit und Opferrolle
2. Jugendliche:
Jüngling, Mädchen Qualität: Schön sein wollen, Kontakt durch äußere Reize, Charme, romantische Gefühle, Phantasie und Verführung. Die jugendliche Energie dieses Teils in uns gibt uns Kraft und Tatendrang. Grenzen herausfordern und Regeln überwerfen, neues kreieren aus der Zerstörung des Alten. Finden der Individualität und Erlaubnis des anders seins. Schattenaspekte dabei können sein eine unrealistische, meist auf Projektionen beruhende Wahrnehmung der Welt und fehlendes Verantwortungsbewusstsein für die Konsequenzen des eigenen Handelns, sowie ein Schwarzweißdenken in Polaritäten: Dagegen oder dafür, schwarz oder weiß, schön oder hässlich, ganz oder garnicht.
3. Mann / Frau:
Qualitäten: Erwachsene Stärke, Lebendig von innen her, direkte, kraftvolle, abgegrenzte Kontakte, klare Werte, ausgereifte Körperlichkeit und Sexualität, Klarheit über Bedürfnisse und direkte Bewegung darauf zu. Schattenaspekte: „Über Leichen gehen“ beim egoistischen Streben nach den eigenen Zielen, aggressives Verfolgen des eigenen Standpunktes.
4. Mutter / Vater:
Qualitäten: warme Gefühle, Verantwortung, Verstehen und Trost, Fürsorge, Langfristigkeit, Impuls von Geben, Nähren und Lieben, Dankbarkeit und Würdigung des Lebendigen. Schattenaspekte: Die hungrige, verschlingende Mutter / der ängstliche, überprotektive Vater.
5. Weiser / Weise:
Qualitäten: Reife, Überblick, Zentrierung, Mitte, Wahrheit und Wissen von Sinn und Weisheit, Vertrauen in den Fluss des Lebens und Respekt vor dem Entwicklungsweg und -Tempo des Einzelnen. Die Energie ist klar, einfach, direkt und von einer übergeordneten Liebe zum Menschen und zur Welt geprägt in der alles gleich gültig ist. Schattenaspekte: Überheblichkeit, Abgehobenheit, Gleichgültigkeit
Die Entwicklungsarchetypen setzen wir in der Beratungsarbeit ein, um ein differenziertes Repertoire an Seinsqualitäten zu entwickeln. In der therapeutischen Erstdiagnostik stellen wir fest, aus welchen Archetypen heraus jemand vorwiegend die Welt wahrnimmt und auf sie reagiert. Im Führungscoaching und –training können wir mit Hilfe der Entwicklungsarchetypen den Führungsstil der Teilnehmer / Klienten betrachten. Damit können Stärken und Schwierigkeiten in der Führung erklärt und gleichzeitig der Führungsstil differenziert und bewusst angemessener gestaltet werden. Auch in der Paarbegleitung ist es sehr ergiebig, gemeinsam zu untersuchen, in welchen Entwicklungsarchetypen sich die Partner begegnen. In der CoreDynamik arbeiten wir neben den Entwicklungsarchetypen auch mit Animus und Anima, sowie mit archetypischen Beziehungsmustern im Rahmen des Paarseminars. Unser Impulswochenende Erfolg von Innen bietet den Raum, die von Bernhard Mack entwickelten Berufsarchetypen zu erforschen.
Die Arbeit mit Archetypen ist so wirkungsvoll, da es sich um Urmuster des Denkens, Fühlens und Verhaltens handelt, zu denen jeder Mensch einen Bezug herstellen können, weil sie Teil unserer grundlegenden Identität als Menschen sind. So öffnen die Archetypen sehr leicht das Feld des kollektiv Unbewussten, das in der Betrachtung einer Persönlichkeit, einer Situation oder eines Systems wie von selbst eine natürliche Ordnung für uns bereit hält.
Bernhard Mack, 2000. Führungsfaktor Menschenkenntnis. Mitarbeiter besser verstehen, typgerecht führen, optimal motivieren. Landsberg: Verlag Moderne Industrie
C. G. Jung, 2001. Archetypen. München: dtv
C. G. Jung, Verschiedene Schriften, GW 18/1, S. 181 (zitiert aus Verena Kast, 1984: Paare - Beziehungsphantasien oder Wie Götter sich in Menschen spiegln. Stuttgart, Zürich: Kreuz Verlag; S. 162)
Autorin dieses Artikels: Christina Rakebrandt