Beziehungsspirale
Ausbildungsseminar 2.1 - Paarseminar
Die von Bernhard Mack entwickelte Beziehungsspirale bildet die zyklischen Entwicklungs- und Reifephasen ab, die Partner in Bezug auf Ihren Umgang mit Nähe und Distanz mehr oder weniger modellgemäß durchleben, wenn sie sich aufeinander einlassen und über Krisen hindurch an der Beziehung wachsen.
„1. Phase: Wir sind allein und fühlen uns allein. Es fällt uns schwer, das Alleinsein auszuhalten. Wir laufen angstvoll und in Panik herum und suchen ein Objekt unserer Begierde. Wir haben keinen Kontakt zu uns selbst, fühlen uns mit uns alleine unvollkommen, nicht in Kontakt mit unserem Bewusstsein und hoffen auf die Erfüllung durch das Gegenüber.“
Gefühl des Mangels, der Verzweiflung, der Sehnsucht. Ich habe vergessen, dass ich immer getragen bin. Das Suchen ist der Ausdruck der Verzweiflung. Es tut gut zu spüren: ich brauche dich!
„2. Phase: Plötzlich finden wir ein mögliches Gegenüber, wir verlieben uns, idealisieren den Partner, stellen ihn/sie auf ein Podest. Alle unsere Gefühle richten sich auf ihn oder sie, unser Leben bekommt einen Sinn, wir kommen in das Gefühl von Hochstimmung und Glücksrausch.“
„3. Phase: Wenn der Partner die Gefühle erwidert, entsteht nach einiger Zeit eine innige Symbiose. Beide Partner verschmelzen, und es kann zu einer tiefen sexuellen Erfüllung und Abhängigkeit kommen. Jede freie Minute wird gemeinsam gelebt, das Leben ist vollkommen und erfüllt.“
„4. Phase: Erste Unzufriedenheiten entstehen, erste Vorwürfe und Irritationen führen zu ersten Auseinandersetzungen oder Machtkämpfen. Je nach persönlichem Grundmuster sind die Vorwürfe: 'Gib mir mehr, du gibst mir zu wenig'. 'Du schränkst mich ein'. 'Du zeigst zu wenig Gefühl'. 'Du gibst mir zu wenig Sicherheit' oder 'Du bist zuviel' etc. Die Unzufriedenheit verschwindet wieder, taucht aber erneut auf.“
„5. Phase: Langsam wächst die Unzufriedenheit. Durch das 'Gib mir mehr' etc. wird der Kampf immer heftiger. Es kann zu schweren Verletzungen und Irritationen kommen. Das innere Kind bäumt sich auf. Alle Register werden gezogen. Das Gegenüber wird zum Monster, das einen daran hindert, das eigene Glück zu leben. Alle negativen Gefühle werden auf den Partner projiziert, Schuldzuweisungen und Hass entstehen.“
„6. Phase: Nach mehrmaligen Versuchen kommt es zur Trennung. Einer oder beide Partner sind erleichtert, dass sie dieses hassenswerte Gegenüber losgeworden sind.“
„7. Phase: Nach einer Phase der Verzweiflung verwandele ich Einsamkeit in Alleinsein. Im Alleinsein kann die Einsicht entstehen, dass das Alleinsein eine wirkliche Chance ist, bei sich selbst anzukommen und sich mit den eigenen Ressourcen zu verbinden und aufzuladen. Das Alleinsein wird bejaht und zur Übung und zum Erfahren von Selbstliebe genutzt. Die Partner erfahren sich in ihrer Selbständigkeit als vollständig und wertvoll.“
„8. Phase: Auf dieser Ebene von Selbstwertgefühl und Autonomie kann eine neue Freundschaft mit dem gleichen Partner oder, falls dies nicht mehr möglich ist, mit einem anderen Menschen entstehen. Zwei freie Individuen begegnen sich in Achtung und Respekt ohne Schuldvorwürfe, Aggression oder Bitterkeit“.
Die Phasen 4 bis 8 nennen wir auch Differenzierung. Die Beziehungspartner werden sich ihrer Individualität wieder bewusst. Es entsteht Raum für unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen. Ein erwachsener Kontakt zweier in sich gestärkter Gegenüber wird möglich. Wenn die Phase 7 ausgelassen wird, geht man in die nächste Runde oder nächste Beziehung und das alte Drama wird sich wiederholen.
Eine lang andauernde Beziehung durchläuft die Spirale immer wieder, wie auch die Jahreszeiten immer wieder kommen. Neubeginn ohne emotionales Rabattmarkenheft aus der Vergangenheit ist das große Geheimnis. Es wird ruhiger, weniger Drama, weniger 'heiß'.
in: Bernhard Mack. 1996. Der Liebe einen Sinn geben. Berlin: Simon & Leutner, 60-62.
Robert A. Johnson, 1995. Traumvorstellung Liebe. Der Irrtum des Abendlandes. München: Droemer Knaur
Autorin dieses Artikels: Christina Rakebrandt