Skulpturarbeit
Schlagworte
Skulpturarbeit
Einsatz in der CoreDynamik
Ausbildungsseminar 2.2: Gruppe, Familie, Team
Definition
Eine von Virginia Satir in den 1970er Jahren entwickelte Methode in der Familientherapie zur therapeutischen Aufarbeitung von Familienbeziehungen
Erläuterung
Skulpturarbeit geht auf Virginia Satir zurück. Ihr Ansatz fasst Familien, Teams und Gruppen, wie auch Organisationen als System auf, welches man im Raum aufstellen kann. Position und Ausrichtung der Einzelnen*, sowie Nähe und Distanz machen Bezogenheiten, Rollen und Spannungsfelder sichtbar.
Das gute Funktionieren eines Systems setzt den positiven Selbstwert des Einzelnen, direkte Kommunikation zwischen den Systemmitgliedern und ein flexibles Umgehen mit den Regeln innerhalb des Systems voraus. Störungen im System haben Auswirkungen auf alle Systemmitglieder. In der Skulpturarbeit wird es möglich, die Haltungen und Muster, die in einem System ständig wirksam sind, sichtbar zu machen. Nicht selten stören Kontaktunterbrechungen das Miteinander im System. Solche sonst verdeckten Elemente können in der Skulptur offengelegt werden, so dass sich die Strukturen im gesamten System verändern können. So kann es z.B. sein, dass in der Skulptur ein Mitglied mit dem Rücken zur Gruppe steht. Im Prozess kann diese Situation erforscht werden, wodurch sich naturgemäß etwas ändern wird. Skulpturarbeit lässt sich mit der Arbeit eines Bildhauers vergleichen. Betrachten wir mal die Variante, in der das System von einem seiner Mitglieder so aufgestellt wird, dass das entstehende Bild die Beziehungen aus seiner Sicht repräsentiert. Die anderen Systemmitglieder können die Skulptur entsprechend ihrer Sichtweise verändern. Durch die verschiedenen Skulpturen entsteht ein Diskurs unter den Mitgliedern, so können Verhaltensweisen überdacht und Meinungen revidiert werden. Es entstehen Lösungen und im Idealfall gehen die Klienten gestärkt aus einer Skulpturarbeit. Der Vorteil der Technik besteht darin, dass sie unabhängig von Alter und Schicht angewendet werden kann, da Sprachprobleme nicht ins Gewicht fallen. Durch diese Technik kann die eigene Position im System erfahren werden, es können Beziehungsverhältnisse wahrgenommen werden (Koalitionen, Loyalitäten, Machtpositionen), Verstrickungen erkannt und Ressourcen entdeckt werden. So kann es sein, dass die Person, die im gerade genannten Beispiel mit dem Rücken zur Gruppe stand, in die Lage versetzt wird, sich zum System hin umdrehen zu wollen, nachdem zwei andere Personen mehr Abstand zueinander nehmen oder näher zusammengehen. Diese Veränderungen wirken sich auf das Spannungsfeld im System aus und sind für alle Beteiligten auf ihre eigene Weise spürbar. Es sind verschiedenste Varianten der Skulpturarbeit denkbar. So können sich z.B. auch alle Systemmitglieder selbst so aufstellen, wie sie ihre Position empfinden. Nach einer ersten Auswertung dieser Skulptur „korrigiert“ ein Systemmitglied gemäß seiner Wahrnehmung Haltungen und Stellungen anderer. Dies führt zu einer neuen Auswertung, die wiederum eine weitere Bewusstseinsbildung bewirkt.
Besonderheiten in der CoreDynamik
Skulpturarbeit wird in der CoreDynamik in der Gruppenarbeit eingesetzt, um unmittelbare Zusammenhänge deutlich zu machen, die man über eine verbale Analyse nicht so schnell und nicht so deutlich herausgefunden hätte. Die Technik der Unterbrechung mitten im Bauprozess wird eingesetzt, um das Bewusstsein der Teilnehmer für den Prozess zu vertiefen. Der Gruppenleiter ruft „Stop – Einfrieren“ und es wird den Prozessteilnehmern die Möglichkeit gegeben, spontan zu formulieren, wie sie sich in der jeweiligen Position, in der sie sich gerade befinden, erleben. Diese Kurzmitteilungen können am Ende aufgegriffen und in der Prozessanalyse aufgearbeitet werden.
Gruppenstrukturen können ebenfalls durch das Modell Schiffsbesatzung deutlich gemacht werden: Die Gruppe verteilt sich auf einem im Raum vorgestellten Schiff und nimmt an den jeweiligen Plätzen die (sich selbst zugeschriebenen) unterschiedlichen Rollen ein: Kapitän, 1. Offizier, Bootsmann, Matrose, Koch, blinder Passagier, Maschinist, Funker, Steuermann, Koch, Schiffsjunge, Lotse, Meuterer, Heizer… oder auch Fantasierollen. Jeder Einzelne legt dar, welche Position er darstellt, welche Aufgaben er übernimmt und was er zur Gruppe beiträgt. Danach können einzelne Teilnehmer diejenigen Gruppenmitglieder umstellen, denen ihrer Wahrnehmung nach eine andere Position in der Mannschaft gebührt.
Hier weiterlesen
Bernhard Mack, 1999. Kontakt, Intuition & Kreativität. Paderborn: Junfermann, S. 65–70
Virginia Satir, 1978. Selbstwert und Kommunikation. München: J. Pfeiffer
Autorinnen dieses Artikels: Christina Hennig und Dr. Conny Stroh
* Gendern in der Sprache: Im Sinne der guten Lesbarkeit finden sich in den Beiträge mal die männliche, mal die weibliche Form für Klient*innen in wechselnder Kombination mit der männlichen oder der weiblichen Form von Berater*innen. Gemeint sind Menschen aller geschlechtlichen Orientierung.