ED VI: Das Core

Schlagworte

Core, Kern, Herz, Seele, Nichts

Einsatz in der CoreDynamik

Das Core ist das Gravitationszentrum von CoreDynamik. Unser Hauptanliegen ist es, Räume zu schaffen, in denen Menschen mit ihrem lebendigen Kern in Kontakt treten können. Und in denen sie die Erfahrung machen, dass sie auf dieser Ebene verbunden sind mit Allem.

Definition

Wir enthalten uns einer Definition des Cores in Anerkenntnis der Komplexität und Vielschichtigkeit des reinen Lebensprinzips. Die Haltung von CoreDynamik ist hier die des staunenden Forschens und des Teilens individueller Erfahrung.

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Erläuterung

Leben ist Energie. Leben ist Schwingung. Als Core bezeichnen wir die energetische Verdichtung, das Feld, das einen lebendigen Menschen umgibt und ausmacht. Es ist eine Erfahrungsdimension, auf die wir uns einschwingen können und in der wir den vollkommenen Frieden und die unbegrenzte Kreativität erfahren können, nach der wir uns als Menschen sehnen. Wir erleben Momente, die frei sind von biografischen Verstrickungen und sorgenvoller Zukunftsplanung, dafür aber angefüllt von energievoller Präsenz in Verbindung mit allem Lebendigen und absichtslosem Einverständnis mit allem, was ist. Es ist der Zustand, den Mystiker* und Poeten seit Urzeiten suchen, finden und besingen. Es ist auch der Zustand von tiefer Erkenntnis und authentischer Gotteserfahrung.

Zu dem Begriff des Core hat sich Bernhard Mack von verschiedenen Schulen inspirieren lassen, die in unsere heutige Herangehensweise eingeflossen sind. So auch maßgeblich von John Pierrakos, dem Begründer der Core Energetik, der in einer holistischen Sichtweise des Menschen Psychologie und Meditation miteinander verband. John Pierrakos konnte den Energiekörper, die Aura von Menschen sehen und er war fasziniert von den Untersuchungen Wilhelm Reichs, der den Aspekt der Lebensenergie in die Biologie des Menschen einführte. Ein Konzept, das in östlichen Lehren traditionell ganz selbstverständlich berücksichtigt und behandelt wird. Man denke an das Qi aus der chinesischen oder an Prana im Kontext der indischen, hinduistischen Kultur und im Yoga.

Was verstellt uns nun den ungehinderten Zugang zu unserer Seelenkraft, weshalb suchen und kreieren wir Wege zum Kern? Wenn wir geboren werden, sind wir zunächst vor allem ein zu Materie verdichtetes Schwingungsfeld. Wir sind ausgestattet mit Sinnesorganen, durch die wir schrittweise beginnen die Welt wahrzunehmen und wir verfügen über rudimentäre Ausdrucksmöglichkeiten durch Körperbewegung und Stimme. Die Erfahrungsdimensionen I bis V sind angelegt, aber noch vergleichbar mit einem weißen Blatt Papier. Da sind noch wenig neuronale Verknüpfungen, die anhand biografischer Erfahrungen Konzepte oder Bilder repräsentieren würden. Und auch körperlich sind wir maximal auf die Versorgung durch unsere Bezugspersonen angewiesen. Tatsächlich verfügt der Organismus eines Säuglings zunächst auch nur über primitive Abwehrmechanismen gegenüber empfundener Bedrohung oder Schmerz, also gegenüber Stress auslösenden Erfahrungen, die den Körper mit hoher Erregung fluten. Ein Kind kann zu Beginn weder kämpfen noch fliehen, es reagiert auf hohen Stress körperlich und energetisch mit Verengung, Kontraktion, Rückzug, Immobilität und Erstarrung. Der Säugling ist darauf angewiesen, über Körperkontakt mit seiner Bezugsperson reguliert zu werden. Beruhigt sich die Mutter, reguliert sich auch die Stressreaktion im Körper des Säuglings. Die Atmung normalisiert sich, die Kontraktion kann sich lösen und die Erregung beruhigt sich. Kommt es nicht zu dieser Regulation, bleibt der Organismus in der hohen Erregung und Erstarrung stecken. Diese wirken sich auf alle biologischen Systeme des Körpers aus: Muskeltonus, Organfunktion, Hormonregulation. In einer solchen frühen Phase der Entwicklung entstehen Traumata, an die sich der Mensch als Erwachsener kognitiv nicht erinnern kann, denn der Hippocampus als das Gehirnarial, das für konkrete Erinnerungen zuständig ist, ist noch nicht ausgebildet. Die Auswirkungen schlagen sich aber in allen Erfahrungsdimensionen nieder. Auf ED I z.B. in Form einer zwanghaften Untersuchung jeder Situation nach Bedrohung. Emotional, auf ED II z.B. in Form von Ängsten. Es sind die ersten Spuren auf ED III, unserer biografischen Ebene, die wir zwar spüren, die aber nur über den Körper, ED IV zugänglich sind, da ja unser Gedächtnis noch nicht entwickelt genug war, um konkrete Erinnerungen abzuspeichern. Unser Innenraum, ED V ist durch die chronifizierte muskuläre Kontraktion verengt und das Gefühl von Bedrohung schneidet uns von einem Teil unserer vertrauensvollen Verbindung in die Weite des Raums und der Möglichkeiten ab. Der Energiefluss aus unserem eigentlichen Seinszustand heraus, dem Core, ED VI ist eingeschränkt. Traumatische Erfahrungen – frühe und auch im Laufe des Lebens erlebte – sind ein Ursprung für innere Blockaden. Ein anderer sind die Zurückweisung spontaner Ausdrucksformen des Kindes von Seiten seiner Eltern und Bezugspersonen (Sei nicht so laut! Du kannst nicht singen! Lass das!). Oder erzwungene Verhaltensweisen, die unseren Instinkten eigentlich widersprechen (Gib der Tante die Hand!) Unsere Körperintelligenz lernt, Impulse, die wiederholt bestraft oder nicht erlaubt werden, zu unterdrücken. Dies geschieht unbewusst, ohne dass wir es merken und es vollzieht sich energetisch und muskulär. Eine dritte Quelle von Blockierungen sind Verletzungen und Erkrankungen, die ihre Spuren in unserem Organismus hinterlassen und den Zugang zu unserem Core einschränken, solange sie nicht gefühlt und integriert werden konnten.

Dieses Geschehen ist vollkommen normal. Es ist die vollkommen normale Entwicklung des Menschen, dass sich schützende Schichten um unseren Kern legen. Trauma ebenso wie die Überformung unseres Instinktes, sowie Verletzungen und auch gelernte Verhaltensstrategien, die in unserem jeweiligen sozialen Umfeld unser Überleben sicherten und Kontakt möglich machten. Auf diese Weise verläuft die Entwicklung unserer biografischen Persönlichkeitsmuster und Charakterstrukturen. Je nachdem, welche Art von Überforderung, Bestrafung, Überformung oder Verletzung ein Kind ausgesetzt war und in welcher Phase seiner Entwicklung dies geschah, entwickeln sich unterschiedliche Formen von Abwehrmustern gegenüber Stress und Strafe. Energieblockaden, die sich auch in muskulärer Spannung oder energetischer Unterversorgung und sogar in der Entwicklung unseres Körperbaus auf Knochenebene niederschlagen. Wilhelm Reich bezeichnete dies als den Körperpanzer. John Pierrakos und Alexander Lowen begannen in der Bioenergetik, aus diesen Abwehrmustern Charakterstrukturen zu entwickeln und zu benennen. Sie brachten Merkmale in Körperbau und Haltung mit bestimmten Arten biografischer Prägung und mit wiedererkennbaren Persönlichkeitsmerkmale bei erwachsenen Menschen in Verbindung (z.B. stark vereinfacht: die rigide Charakterstruktur, steife Haltung, biografisch: gestörtes Ausleben des Wunsches nach körperlicher Intimität, Persönlichkeitsmerkmale: Ehrgeiz, Härte). Ron Kurz arbeitete mit diesen Mustern weiter und seine Formulierung der Charaktertypen (Hakomi) ist die Vorlage, nach der Bernhard Mack die Grundüberzeugungen oder Grundmuster beschrieb, mit denen wir bei CoreDynamik arbeiten.

CoreDynamik bündelt Methoden und Erfahrungsräume, welche die Rückverbindung zu unserem Seinskern möglich machen. Wobei es nicht um die Rückkehr in die Symbiose des Säuglings mit seiner Mutter geht, sondern um die Befreiung des Individuums aus der Enge seiner biografisch entwickelten Strukturen hin zu einem bewussten, lebendigen, kreativen und willensstarken Erwachsenen in Kontakt mit mit sich seiner Umwelt (vgl. die Unterscheidung von präpersonal, personal und transpersonal).

Eine Kernannahme von CoreDynamik ist, dass die Rückverbindung zum eigenen Wesenskern der intensivste und wirkungsstärkste Weg zur (Selbst-) Heilung ist. Wesentlich effektiver und sinnvoller als die Konzentration auf Schwächen oder ein zu großes Schwergewicht im Fokus auf Verletzungen und Traumata. John Pierrakos beschreibt das Core als ein Zentrum, einen Kern göttlicher Weisheit und Energie. „Dort sind Energie und Bewusstsein vollkommen rein, sie leuchten und unterliegen keiner Einschränkung. Von diesem Zentrum strahlt Energie aus, so wie aus dem Herzen eines Sterns. Dies Energie durchströmt unser ganzes Sein und erfüllt jedes Molekül unseres Körpers mit Leben.“ Er beschreibt weiter, dass wir durch das Core mit allem verbunden sind, dass das Core unsere göttliche Verbindung zu den Kräften des Universums ist. „Wenn wir die Qualiäten unseres Core aktivieren, tritt das höhere Selbst zutage.“ (zitiert nach Bernhard Mack: Pierrakos 1998, S. 21 f.) Ist der Kontakt zu diesem Zentrum und der Zugang zu den innewohnenden Vitalkräften hergestellt, können diese zur Heilung verletzter Aspekte und zur Lösung von Blockaden herangezogen werden. Um diesen Kontakt herzustellen, ist es jedoch notwendig, die Blockaden und Panzer zu lockern, zu lösen, zu schmelzen. Ein Prozess, der mit starken Gefühlen verbunden ist und in der Regel mit Angst und Widerständen einher geht. Es braucht vorsichtiges schrittweises Erkunden und Stärken aller Erfahrungsdimensionen in einem sicheren Rahmen. Die Fähigkeit des Containments, also der Fühl- und Haltefähigkeit für Emotionen und Spannungszustände, sowie die Kompetenz und Selbstsicherheit in der Entladung von Gefühlen und Energie wächst mit zunehmender Körperwahrnehmung und Ausdrucksfähigkeit. So wird der Mensch immer mehr zum Expertenforscher in seiner Innenwelt. Das Wiederentdecken von Landschaften, die im Dunkeln liegen wird zunehmend zum Abenteuer, zur Queste, zur Rückeroberung unserer Welt, zum Hineinwachsen in unserer eigentliche Größe, Schönheit und Wirksamkeit.

Doch die Heilung biografischer Wunden und das Lösen traumatischer Blockaden, sowie die Entwicklung des bewussten Willens und der individuellen Gestaltungsfähigkeit sind nicht die einzigen Motive in der Ausrichtung auf das Core. Mindestens ebenso bedeutsam ist die Erweiterung des Bewusstseins über die persönliche Ebene hinaus. Die spirituelle Entwicklung, die damit einher geht und welche die einzig wirksame Medizin für die Urwunde des Menschseins darstellt: Die Illusion des Getrenntseins. Gegen unsere innere Isolation und die emotionalen Löcher, die daraus entstehen, finden wir Menschen verschiedene Strategien. Diese reichen von dem Verschmelzungswunsch mit einem Partner über den Versuch der Selbstwertsteigerung durch Macht und Erfolg bis hin zum Anhäufen von Besitz und dem Konsum von Genussmitteln bis hin zur Sucht. Was uns wirklich fehlt, so Bernhard Mack, finden wir nur in der Essenz, in unserem innersten Wesen, in unserem Core und nicht in unserem Partner, den wir mit unserer ungestillten Sehnsucht möglicherweise überfordern. Auch das christliche Hostienritual, das die Verschmelzung mit dem göttlichen Wesen im Außen sucht, beschreibt Mack als Suche nach Erfüllung, die sich nach Außen richtet. Letztlich, so sagt er, geht es in der CoreDynamik gar nicht um Therapie, sondern um Rückkehr zum Sein. Jedoch ist Therapie eine wichtige, für die meisten Menschen unabdingbare Voraussetzung, um erweiterte Bewusstseinszustände überhaupt erfahren zu können. Es ist notwendig, bis zu dem Punkt vorzustoßen, an dem sich der Klient als leeren Raum empfindet. Die Löcher in der Persönlichkeit müssen bis in ihre Tiefe ausgelotet und ausgehalten werden. Dann kann Essenz einströmen, das einzige, was unsere Löcher wirklich füllen kann (Mack, 2001, S. 106)

In der Beschreibung des Core bezieht sich Mack auch auf Almaas, der diese Erfahrungsdimension als „Essenz“ beschreibt und sagt: „Es ist, als ob sich das ganze Sein in einer integrierten Intensität gesammelt hätte. Die Aufregung ist verflogen, man ist ohne Emotion, und das Denken ist beruhigt“ (zitiert nach Bernhard Mack: Almaaas 1994, S. 13).
Die Voraussetzung für eine solche Bewusstseinserweiterung ist ein Zustand von hoher Energie gepaart mit einem Gefühl innerer Entspannung und Sicherheit. Wir schaffen bei CoreDynamik die Voraussetzungen für diese Erfahrung, indem wir einen sicheren Raum kreieren, in dem Teilnehmende ihr natürliches Bedürfnis nach Kontrolle loslassen können, um sich voll und ganz auf ihren inneren Forschungsprozess einzulassen. Die Arbeit mit biografischen Mustern und die Integration abgespaltener Anteile setzt Energie frei und es entsteht eine Haltung von stärkerer Selbstannahme, Selbstliebe und Selbstvertrauen. Starke Gefühle, die beim Verlassen vertrauter komfortabler Erfahrungszonen entstehen können, können ausgedrückt werden und tragen damit weiter zur Energetisierung bei. Zudem nutzen wir im Rahmen von Atemreisen schamanische Techniken der Tranceinduktion durch die Verbindung mit der Erde und dem Raum und durch die Vertiefung des Atems in Kombination mit freiem Tanz, also rhythmischer körperlicher Bewegung zu Musik. Während der Atemreisen begleiten sich die Teilnehmenden gegenseitig, sodass die Reisenden sich beschützt und sicher fühlen und noch weitere Teile der Kontrolle ihrer Umwelt loslassen können. Ein intensives Einlassen auf die innere Welt wird möglich in diesem außergewönlichen Setting von Bewusstseinserweiterung durch gleichzeitige hohe Aktivierung und tiefe Entspannung.
Hunderte von Teilnehmenden berichten über die Jahre von archetypischen Bildern, starken sinnlichen und außersinnlichen Erfahrungen, der Wahrnehmung von Licht, dem Rauschen von Galaxien, der Auflösung im Nichts und der Begegnung mit Gott. Aurobindo, der als ein Hindu-Mystiker ebenfalls zu den Wurzeln von CoreDynamik gehört, beschreibt: „Der Ich-Sinn verliert sich in der Größe des Geistes und geht schließlich unter; eine breite kosmische Wahrnehmung und das Gefühl eines grenzenlosen, universalen Selbst ersetzen sie, ein uneingeschränktes Bewusstsein der Einheit, das alles durchdringt, ein Wesen, das in seiner Essenz eins ist mit dem Höchsten Selbst.“ (zitiert nach Wilber, 1988, S. 85). Bernhard Mack bezieht sich sich auf Graf Dürckheim, den deutschen Diplomaten, Psychotherapeuten und Zen-Lehrer, wenn er schreibt: „In der «Großen Erfahrung» geht das Wesen als ein unzerstörbarer, numinoser Urgrund der menschlichen Existenz auf. In der immer von neuem demütig vollzogenen Handlung wird der Mensch für das in den unbewussten Tiefen seines individuelllen Selbst lebendige Wesen aller Ding und für die große Einswerdung bereitet (Dürckheim 1950, S. 11). Roberto Assagioli, als der Entwickler der Psychosynthese ebenfalls eine Inspirationsquelle von CoreDynamik schreibt über die Merkmale dieses Seinsraumes: „Diese sind keineswegs abstrakt, vage oder flüchtig, wie jemand meinen könnte, der sie nicht kennt; sie sind vielmehr lebendig, intensiv, vielfältig und dynamisch. Sie sind etwas, das man als realer empfindet als die inneren und äußeren Erfahrungen des Alltagslebens. Die wichtigsten Merkmale dieser Erfahrung des Überbewussten sind:
1. Eine Empfindung des Lichts, eine Erhellung sowohl ganz allgemein als auch bezogen auf Probleme und Situationen, deren Bedeutung dadurch enthüllt wird.
2. Ein Gefühl des vollständigen Friedens, das unabhänig ist von äußeren Umständen oder inneren Zuständen.
3. Ein Gefühl von Harmonie und Schönheit.
4. Ein Gefühl der Freude und Seligkeit
5. Ein Gefühl der Kraft – jener Kraft, die dem Geist eigen ist.
6. Ein Gefühl von Größe, von unendlicher Weite, Universalität und Ewigkeit.
All diese Eigenschaften sind nicht voneinander getrennt, sondern durchdringen einander.“ (Assagioli, Psychosynthese, S. 43) Und sie sind begleitet von einem Zeugenbewusstsein, frei von der sonstigen egoistischen und personalen Begrenzung, völlig hingegeben. Es ist die Instanz in uns, welche die Erfahrung in Momenten des hochenergetischen reinen Bewusstseins für das Jetzt wahrnimmt und die in der Lage ist, davon zu berichten und sich später daran zu erinnern.

Die Hinwendung zu diesem Erleben, das im Moment der Erfahrung jeden Zweifel an seiner Realität schmelzen lässt und zu tiefer Gewissheit wird, ist in der archetypischen Sprache des europäischen Kulturraums nichts anderes als die Suche nach dem Heiligen Gral, nach dem Wasser des Lebens. Eine Urgeschichte des Menschseins.

Die Ausrichtung des Menschen auf Entwicklung, auf Selbstverwirklichung ist eine Grundannahme der humanistischen Psychologie. Hinzu kommt der Aspekt der Evolution. Wir gehen davon aus, dass jede Lebensform und auch der Mensch sich weiter entwickeln, hin zu mehr Komplexität und höheren Kontexten. Aktuell ist dies einerseits technisch zu beobachten in der rasanten Entwicklung der Informationstechnologie. Aber auch eine wachsende Bereitschaft zur Selbstverwirklichung ist zu beobachten an der stetig wachsenden Zahl von Menschen, die Yoga praktizieren, Lebensratgeber lesen und Coaching-Ausbildungen besuchen. Bei dem Zug des Menschen in seine in ihm angelegte Größe hineinzuwachsen, sprechen wir vom Core als Attraktor. Aus dem Bewusstsein des Noch-nicht-entfaltet-habens von Potenzial entstehen Leid und Schmerz. Wir werden geplagt und gezogen von der Ahnung eines Tieferen, Höheren oder Bedeutungsvolleren. Es zerrt an unseren Grenzen. Es ist die Kraft des Eros, die Neugier an der eigenen Seele und an der Seele des anderen, die hier wirkt. Friede kann erst einkehren, wenn dieser weitere Horizont der Selbstverwirklichung gefunden ist. Ist er gefunden, entsteht Ruhe und Befriedigung. Ein Kontakterregungszyklus ist geschlossen und es hat eine Ausdehnung der oberen Grenze des Glücks stattgefunden, die nun erstmal verdaut werden kann. (nach Mack, 2001, S. 51) Doch es ist ein Frieden auf Zeit, denn eine neue Intensitätsstufe wird uns zum Aufbruch zu neuen Ufern rufen. Ein neuer Zyklus beginnt. Ein Ende dieser Dynamik ist laut Ken Wilber nicht zu erwarten. Es sei denn, wir betrachten Gott als ein en alles umfassenden chaotischen Attraktor, der als sanfte Überredung zur Liebe in allem wirkt (nach Wilber. Eros, Logos, Kosmos. S. 109).

Und Liebe ist es, die das Herz unermesslich weit macht, wenn wir mit dem Core verbunden sind. Liebe zu uns selbst, zu den Menschen und Wesen, zur Erde und zum Kosmos, zu allem was lebt. Die Core-Erfahrung verändert grundlegend unsere Haltung zur Welt und in der Welt. Zwar ist die Erfahrung in einem geführten Rahmen oft am intensivsten. Doch das Erlebte verändert uns tiefgreifend. Wir begreifen uns als wirksamen Teil im Großen und Ganzen, der mit seinen Gedanken, Gefühlen und Handlungen als eine Stimme in der großen Sinfonie klingt. Mitgefühl und der tiefe Wunsch, sich in den Dienst der Liebe zu stellen werden zu einem Leitmotiv bei vielen Reisenden auf den Wegen der Seele.

Hier weiterlesen

Bernhard Mack. 2001. CoreDynamik. Wege zum Kern. Paderborn: Junfermann https://de.wikipedia.org/wiki/John_Pierrakos, 03.03.2017

Laurence Heller, Aline Lapierre. 2012. Entwicklungstrauma heilen. München: Kösel-Verlag, S. 181 ff.

Alexander Lowen. 2002: Bioenergetik. Therapie der Seele durch Arbeit mit dem Körper. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, S. 182 ff.

Ken Wilber. 1988. Halbzeit der Evolution. Bern, München

Roberto Assagioli. 1993. Psychosynthese. Reinbek

Karlfried Graf Dürckheim. 1984. Von der Erfahrung der Transzendenz. Freiburg.

Autorin dieses Artikels: Christina Hennig

* Gendern in der Sprache: Im Sinne der guten Lesbarkeit finden sich in den Beiträge mal die männliche, mal die weibliche Form für Klient*innen in wechselnder Kombination mit der männlichen oder der weiblichen Form von Berater*innen. Gemeint sind Menschen aller geschlechtlichen Orientierung.