Pacing und Leading

Schlagworte

Führen, Folgen, NLP, Neuro-Linguistisches Programmieren, Rapport

Einsatz in der CoreDynamik

Ausbildungsmodul 1.1: Kontakt – hier wird Pacing und Leading als ein Grundaspekt in den Begleitungsübungen der Teilnehmerinnen* eingeführt und bleibt kontinuierlich im Blick.

Definition

Beim Pacing folgt der Berater dem Klienten inhaltlich und energetisch in dessen Welt, um ihn dort abzuholen. Beim Leading hingegen geht der Coach in Führung und lenkt den Prozess durch inhaltliche Impulse oder Rückmeldungen, sowie durch ein Halten von Struktur und Rahmen.

Erläuterung

Der Wechsel von „Führen“ und „Folgen“ im Beratungsprozess ist ein humanistischer Ansatz, der im Rahmen des NLP (Neuro-Linguistisches Programmieren) mit den Begriffen „Pacing“ und „Leading“ beschrieben wird.

Pacing bedeutet übersetzt so viel wie „Schritt halten“ und meint alle Verhaltensweisen des Begleitens und Mitgehens (s. Mack S. 39). Die Begleiter stellt sich auf das Energielevel seines Klienten ein. Das kann geschehen über Körperhaltung und Mimik, Atmung und Stimmlage und / oder durch Sprechtempo und Wortwahl. Es ist nachgewiesen, dass diese Angleichung der Schwingung und Haltung ganz natürlich geschieht, wenn zwei Menschen sich sympathisch finden und sich vertrauen. Indem der Coach oder Therapeut sich bewusst auf seinen Klienten einstellt, macht er es diesem leichter, Vertrauen zu fassen und sich zu öffnen. Gelingt dies, sagt man auch „Therapeut und Klient befinden sich in einem guten Rapport“ (französisch: Beziehung, Verbindung). Auf inhaltlicher Ebene bedeutet Pacing, dass der Therapeut dem Klienten zunächst in seine Gedanken- und Gefühlswelt folgt, indem er Raum gibt, lauscht und sich in seinen Klienten einfühlt, um von hier aus Impulse für den Prozess zu entwickeln.

An geeigneter Stelle übernimmt der Therapeut das Leading und wirkt steuernd auf den Prozess ein. Dies beginnt beim Setzen und Halten des Rahmens (zeitlich, räumlich, methodisch). Während des Prozesses bietet der Therapeut aus seinem Sachverstand heraus oder auch intuitiv Impulse an. Das kann eine Übung sein („Bist du bereit für ein Experiment?“) oder auch eine deutende Resonanz („Das fühlt sich für mich schwer an.“), eine Frage („Kann es sein, dass es Dir besonders leichtfällt, …?) oder das Einladen von Gefühlen („Du bist ganz berührt, oder?“). Auch der Abschluss des Prozesses mit dem Sammeln der Erkenntnisse und dem Ankern der wichtigsten Erfahrungen ist ein Aspekt des Leadings.

Besonderheiten in der CoreDynamik

Bei CoreDynamik legen wir sehr viel Wert auf das Bewusstsein, dass sich die Realitäten von Individuen, so auch von Berater und Klient, signifikant unterscheiden können.

zwei Individuen

Erste Aufgabe des Begleiters ist daher, sich in die Welt des Klienten einzufühlen. Es handelt sich um eine Haltung, die gekennzeichnet ist durch einfühlendes Mitgehen, Verständnis, Akzeptanz und Empathie. Ein ganzheitliches Wahrnehmen der Erlebniswirklichkeit des Klienten und ein respektvolles Annehmen und Anerkennen seiner subjektiven Realität. Sehr genau zuhören, was der Klient sagt und wie er es sagt. Auf die Körperhaltung schauen, auf ein Vertiefen oder flacher werden der Atmung, auf Zeichen emotionaler Aktivierung. Dafür geben wir dem Klienten Raum und Zeit zu entwickeln, was ihn grade beschäftigt, welche Bedeutung das für ihn hat und welche Auswirkung auf sein Denken, Fühlen und Verhalten.

Einstieg

Während wir mit allen Sinnen aufmerksam beobachten, lauschen wir zugleich auf unsere Intuition: Wo ist Energie gebunden? Wo spüren wir Kraft? Was ist hier von Bedeutung? Wir gehen mit, gedanklich und energetisch und schauen durch das Erleben des Klienten in die Welt. Zugleich stellen wir sicher, dass wir richtig verstehen, indem wir Rückfragen stellen („Das ist wichtig für dich, oder?“), indem wir seine Gefühle zu einer Situation ansprechen und einladen („Da ist ganz viel Berührung, oder?“) oder indem wir zusammenfassen, was bedeutsam erscheint („Verstehe ich richtig, dass …). Dabei geht es nicht um Konfluenz, denn bei allem Einfühlen und auch Mitfühlen belässt der Therapeut dem Klienten die Verantwortung für dessen Leben und traut ihm zu, seine Situation nicht nur bewältigen, sondern auch daran zu wachsen. Der Klient bekommt durch Rückfragen, Wiederholen und Spiegeln eine neue Perspektive auf seine Situation, sowie die Gelegenheit, unser Verständnis zu bestätigen oder zu korrigieren und er wird dadurch eingeladen, noch tiefer in sein Erleben einzutauchen.

Pacing

Während des Pacings bemerken wir es, wenn uns ein bestimmtes Modell oder eine Arbeitsmethode einfallen, die sich besonders eignen können das Erleben und das Anliegen des Klienten aufzugreifen und zu beforschen. Oder wir haben die Intuition, dass eine bestimmte Frage oder ein tieferes Hineintauchen an einem Punkt hilfreich sein könnten. Oder wir verbinden zwei Erzählfäden des Klienten und fragen, wie diese zusammengehören. Oder, oder, oder … es ist eine Kunst, geduldig zu sein und zu lauschen, bis ein wertvoller Impuls kommt.

Prozess

Wir bieten dem Klienten diesen Impuls an und wechseln damit ins Leading. Es ist ein dosiertes Eingreifen und Zupacken im richtigen Moment. Dies geschieht tatsächlich in der Haltung eines Angebots, da wir niemals davon ausgehen, dass wir besser wissen als der Klient, was gut für ihn ist (Der Klient hat immer Recht!).

Leading

Die Haltung des Anbietens ist zugleich eine immense Entspannung für den Begleiter, denn so können wir sehr kreativ und intuitiv Vorschläge machen in der selbstverständlichen Haltung, dass wir weder wissen können noch müssen, ob dies nun der allerbeste nächste Schritt ist. Bei aller Offenheit gehört es zum Leading dennoch dazu, Impulse selbstbewusst und zuversichtlich zu geben, denn dies gibt Sicherheit und Vertrauen.

Prozess - ausprobieren

Wir nehmen den Klienten als Gegenüber und als Experte für seine Realität ernst und geben ihm zugleich im Rahmen der Begleitungssituation die Gelegenheit, in Ruhe nachzuspüren, wie sich etwas für ihn anfühlt. Dabei geschieht eine Schulung der Selbstaufmerksamkeit und der Gestaltung von Situationen für den Klienten, während der Begleiter wieder ins Pacing geht. Es ist ein partnerschaftliches Arbeiten, denn oftmals ergibt sich dann aus der Reaktion des Klienten auf einen Impuls die Richtung, wie es wirklich sinnvoll weiter gehen kann. Oder der Klient gewinnt anhand seiner Verarbeitung des Impulses wertvolle Erkenntnisse.

Pacing

Zum Ende eines Settings hin ist es die Leading-Aufgabe des Begleiters, genügend Raum für die Prozessreflektion und das bewusste Ankern wichtiger Ergebnisse zu reservieren. Ankern meint, dass eine neue Erkenntnis einen stimmigen und bewussten Platz in der Referenzwelt des Klienten erhält und Wirksamkeit für dessen Denken, Fühlen und Verhalten entfalten kann. Dies geschieht z.B., indem der Klient einer Empfindung eine stimmige Geste zuordnet oder einen Platz im Körper. Oder auch durch Verbalisieren und das Herstellen von Bezügen zu konkreten Situationen („Und was bedeutet das, was du jetzt erlebt hast für deinen Alltag?“).

Ankern - Prozess reflektieren, Ergebnis beschreiben

Mithilfe der Prozessreflektion und der Integration begleiten wir den Klienten aus dem oftmals emotionalen Prozesserleben zurück auf Erfahrungsdimension I (Denken, Verstehen, Konzepte), runden damit den Prozess ab und stellen nicht nur den Transfer der Erkenntnisse sicher, sondern sorgen auch dafür, dass der Klient wieder „aufgetaucht“ ist und das Setting des Coachings, der Therapie oder des Trainings im Alltagsbewusstseins wieder verlässt.

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Bernhard Mack, 2000. Führungsfaktor Menschenkenntnis. Landsberg/Lech: Verlag Moderne Industrie, S. 37 ff.

Autorin dieses Artikels: Christina Hennig

* Gendern in der Sprache: Im Sinne der guten Lesbarkeit finden sich in den Beiträge mal die männliche, mal die weibliche Form für Klient*innen in wechselnder Kombination mit der männlichen oder der weiblichen Form von Berater*innen. Gemeint sind Menschen aller geschlechtlichen Orientierung.