Stabilitätssäulen und Rad des Lebens

Schlagworte

Identitätssäulen, Säulen der Identität, Stabilitätssäulen, Rad des Lebens, Diagnostik, Standortbestimmung, Problemfelder, Schwachstellen, Ressourcen, Kraftquellen, Selbstführung

Einsatz in der CoreDynamik

Ausbildungsmodul 1.1: Kontakt

Diagnostik in der Arbeit mit Klienten* zur Identifikation von Ressourcen und Problemfeldern. Seminarteilnehmern und Einzelklienten dient es zur wiederholbaren Standortanalyse.

Definition

Die Stabilitätssäulen stellen dar, welche identitätsbildenden Aspekte in das Selbstbild eines Menschen einfließen und als als stärkend oder schwächend wahrgenommen werden können. Die selben Aspekte finden im Rad des Lebens eine alternative Form der Darstellung und liefern eine Standortbestimmung mit einem Überblick über Kraftquellen, Schwachstellen.

Erläuterung

Ressourcenarbeit ist eine wesentliche Basis im Coaching, wie auch in der Therapie. Akute und dringlich erscheinende Probleme werden in den Kontext dessen gesetzt, was zugleich alles stabil ist und Kraft gibt. Der Überblick über das Gesamtbild von empfundenen Schwachstellen und Kraftquellen wirkt ermächtigend, denn der Klient sieht, woher er die Kraft zur Arbeit an seinen Themen nehmen kann.
Die Stabilitätssäulen gehen zurück auf Hilarion Petzold, der fünf Säulen der Identität beschrieb und das Modell nutzte, um stützende bzw. schwächende Lebensbereiche von Menschen im psychotherapeutischen Rahmen ausmachen zu können. Seine fünf Säulen sind Körper, soziales Netzwerk, Arbeit/Leistungsfähigkeit, materielle Sicherheit, Werte/Ideale.

Besonderheiten in der CoreDynamik

Als Therapeutinnen und Coaches fragen wir zu Beginn der Zusammenarbeit die wichtigsten oder die für die Zusammenarbeit relevanten Stabilitätsfaktoren ab. Dies ist wichtig, um einen Einblick in die Ressourcen des Klienten zu erhalten und einen allgemeinen Eindruck davon, wie stabil sich dieser derzeit im Leben verankert fühlt. In Seminaren kann es eine gute Basis geben sein, wenn die Teilnehmer sich zunächst einen Überblick über ihre Gesamtsituation verschaffen, indem sie die Stabilitätssäulen oder das Rad des Lebens für sich erforschen, es dokumentieren und sich darüber austauschen. Oftmals relativieren sich aktuelle Belastungen, wenn sie im Kontext aller stabilisierenden Faktoren betrachtet werden. In der Prozessarbeit ist es hilfreich, von einem Punkt gefühlter Stabilität auszugehen, ehe der Klient Neuland oder Unsicherheiten erforscht, und auch wieder zu einem Gefühl der Stabilität zurückzukehren, wenn die Arbeit abgeschlossen wird. Hier können die Stabilitätssäulen / das Rad des Lebens gute Bezugspunkte liefern. Das Modell hat sich in der CoreDynamik weiterentwickelt. Bernhard Mack arbeitete mit acht Säulen. Im weiteren Einsatz hat sich gezeigt, dass „Muße und Herzenswünsche“ eine sinnvolle Ergänzung des Modells darstellt (s. Rakebrandt S. 119). Die Form des Rades ermöglicht es, die Ich-Identität (früher eine der acht Säulen) als Radnabe in die Mitte zu setzen.

Rad des Lebens

Abbildung: Rad des Lebens, Quelle: CoreDynamik Diagnosebogen Stand 2016

Diese Darstellung macht es möglich, wichtige Stichpunkte oder Skizzen in die einzelnen Felder des Rades einzutragen.

Zu den neun Stabilitätsfeldern oder -säulen stellen wir Fragen wie z.B.:

1. Körper: Wie nehme ich mich in meinem Körper wahr? Kann ich mich auf ihn verlassen oder ist er eine Verunsicherung? Wie und wo spüre ich meinen Körper, wie oft? Wie pflege und ernähre ich mich? Wie geht für mich Schlaf/Ruhe/Entspannung? Und körperliche Aktivität/Kraft/Dynamik? Habe ich ein inneres Bild von meinem Körper, kenne ich die belebten oder die ausgeblendeten Zonen? Wie fühle ich mich mit meiner Sexualität/wie ist meine Identität mit meinem Geschlecht. Körper als Gefäß: Sammeln von Wahrnehmungen, Energien, Freude, Schmerzen. Stimme: Klang, Pulsation und Ausdruck. Kann ich mich meinem Körper anvertrauen? Und er sich mir?

2. Gefühle: Wie intensiv erlebe ich meine Gefühle, wie stark sind sie? Empfinde ich mich als emotionalen Menschen oder eher als nüchtern? Sind sie Stütze oder eher verunsichernd oder eine Bedrohung? Welche dieser Gefühle und Empfindungen sind mir fremd, welche vertraut: Angst/Mut, Wut/Mitgefühl, Liebe/Hass, Ärger/Freude, Trauer/Verbundenheit. Welche Gefühle sind noch wichtig für mich? Habe ich Lieblingsgefühle, die ich gut kann und andere, um die ich lieber einen Bogen mache? Welche Gefühle darf man denn ausdrücken? Und auf welche Weise? Wie ist mein Gefühlsausdruck? Platzt es aus mir heraus oder schlucke ich hinunter, was ich fühle oder gibt es einen unaufgeregten Ausdruck von Gefühlen? Habe ich alle meine Ängste aufgelistet? Wie gehe ich mit Schuldgefühlen um? Übernehme ich Verantwortung für meine Gefühle? Gibt es in meinem Leben Raum und Zeit zum Fühlen?

3. Soziales Netz: Wie ist mein Empfinden zu meinem sozialen Netz? Lasse ich mich auch tragen oder habe ich mehr das Gefühl, alle anderen zu tragen? Wie viel Raum haben meine Lieben, die Menschen in meinem Leben, im Vergleich zu Anderem (z.B. der Arbeit)? Wie steht es um meine Beziehungsfähigkeit, meinen Umgang mit dem Alleinsein, meine Dialogfähigkeit, mich auf ein Du beziehen? Kann ich eine vertrauensvolle, warme, lustvolle Partnerschaft leben? Wenn nein, wie verhindere ich es? Gibt es Menschen, mit denen ich teile, was mich berührt und bewegt? Habe ich ab und zu mal Spaß mit anderen? Habe ich mir mal mein soziales Netz veranschaulicht, aufgemalt?

4. Beruf: Mein Beruf, wie fühlt der sich an? Habe ich überhaupt einen Beruf? Kann ich mich mit ihm identifizieren? Gibt er mit Stabilität, und wie ist es mit Befriedigung? Gibt er mir Sinnerfüllung, und wie ist es mit Kontakt? Habe ich meinen Beruf gewählt oder wer wollte es so? Halte ich dabei noch an was Altem und Überholtem fest? Welche Möglichkeiten habe ich in ihm? Kann ich wirksam sein? Meine Kompetenz spüren und meine Kraft? Einen Unterschied machen? Welche alternativen Möglichkeiten würden mich zufrieden stellen, mir eine größere Sinnerfüllung geben, weiß ich das?

5. Materielle Basis: Wie stabil ist meine materielle Basis? Dach über dem Kopf, gefüllter Kühlschrank, die Möglichkeit von A nach B zu kommen? Und mir mal etwas leisten können? Was ist es, was ich mir leisten kann? Und was würde ich mir gerne leisten, kann es aber finanziell nicht? Wie fühlt sich das an, komme ich damit klar? Habe ich die Erfahrung gemacht, für mich sorgen zu können? Und für meine Familie sorgen zu können? Gibt es Eigentum? Schulden? Zu erwartendes Erbe? Fühle ich mich finanziell stabil oder ist es ein Drahtseilakt? Wie spüre ich das im Alltag, im Verhalten, im Kontakt? Wie vielmaterielle Sicherheit brauche ich? Stimmt dieses Verhältnis?

6. Werte: Welches Gefühl habe ich jetzt gerade zu meinen Werten? Kenne ich meine Werte, die wie Leitplanken für mein Denken und Handeln sind, meine Normen, meine Weltanschauung? Wie haben sie sich verändert im Laufe der Zeit? Wodurch haben sie sich verändert? Kann ich meine Werte benennen? Wo kommen sie her, wie sind sie historisch, gesellschaftlich einzuordnen? Stabilisieren sie mich oder verunsichern sie mich eher? Wie und wie oft beschäftige ich mich mit Fragen wie Geburt / Tod, Aufgehoben sein / Einsamkeit, Freiheit / Verantwortung / Wille? Ist mir die Beschäftigung mit existenziellen Themen ein Bedürfnis, bzw. tut es mir gut oder ist es eher verunsichernd?

7. Muße und Herzenswünsche: Welches Gefühl entsteht in mir bei diesen Worten? Was macht mir denn eigentlich Freude oder stilles Vergnügen? Gibt es so etwas wie Mußezeiten für mich? Und Orte der Muße? Das Sofa, das Café, der Wald, die Werkstatt? Wo ich etwas nur aus Spaß an der Freude mache? Nicht, weil es zielführend ist? Weiß ich, wie ich mir eine Freude machen kann? Wissen die Menschen in meinem Umfeld, wie sie mich erfreuen können? Wie belohne ich mich? Was sind Anker, auf die ich hin lebe? Schöne Wochenenden? Begegnungen? Aktivitäten? Gibt es große Wünsche in meinem Leben? Das Klavier, der eigene Garten, die Reise nach …? Nehme ich meine Wünsche ernst und erfülle ich sie mir? Oder warte ich immer noch darauf, dass jemand anderes meine Wünsche erhört und für mich wahr macht?

8. Seelisch-geistiges Sein: Ja, ich bin ein Körpermensch, ein Gefühlsmensch. Ich bin Teil eines sozialen Netzes und leiste meinen Beitrag mit meiner Arbeit. Und dahinter, hinter meinen körperlich–emotionalen-sozialen Erfahrungen gibt es ein Sein, seelisch-geistig (Wesen, Selbst, Kern, Feld, persönliche Grundschwingung, wie immer du es nennen magst) etwas, das durchscheint durch das, was von mir sichtbar ist. Ist dieser Bereich für mich existent oder Spekulation oder lehne ihn ab? Gibt mir die Beschäftigung damit Stabilität oder verunsichert es mich? Habe ich eine spirituelle Praxis? Meditation, Gebet, Gesang – wie, wann und wie regelmäßig? Wie und wo und welche Erfahrungen mache ich mit folgenden Aspekten:

  • innere Räume/Landschaften
  • Kontakt zu Seele/Wesen
  • außersinnliche Wahrnehmungen
  • außergewöhnliche Bewusstseinszustände
  • Feld-/Schwingungswahrnehmungen
  • Verbundenheitserfahrungen
  • Träume
  • Tranceerfahrungen
  • Erfahrungen mit Energieleitbahnen
  • Erfahrungen mit Energiezentren (Chakren)
  • Kontakt zum Krafttier
  • Kontakte zu Pflanzen und Steinen
  • Kontakte zu den Elementen – Feuer, Wasser, Erde, Luft
  • Kontakt zu alten Mythen
  • Kontakt zu meinem höheren Selbst

9. Ich-Identität: Wer ist die Instanz in meinem Leben, die für mich entscheidet und Sorge für mein Wohlbefinden trägt? Bin ich bereit, Verantwortung für mein Leben zu übernehmen? Kann ich meine Grenzen spüren? Merke ich, wenn jemand meine Grenze übertritt? Kann ich NEIN sagen? Kann ich JA sagen? Spüre ich meinen individuellen Willen? Wie stark ist er? Kann ich Willensentscheidungen treffen? Kann ich unabhängig eine Meinung haben und vertreten? Kann ich gut alleine mit mir selbst sein? Kenne ich meine Wege zu Freude und zum Aufladen meiner Kraftreserven? Kann ich Schmerz und Leid bejahen als Bestandteil des Lebens? Stelle ich mich? Nehme ich mein Leben in die Hand, wissend, dass es nicht möglich ist, alles im Griff zu haben? Kann ich Kontrolle verlieren, lasse ich mich los, gebe ich mich hin? Erlaube ich mir, wirklich glücklich zu sein?

Variation

Rad des Lebens, Quelle: Karriereguide für Musiker

In dieser Variante sind nicht so sehr die Tortenstücke, sondern die Speichen des Rades zu verwenden. Stichpunkte macht man außen herum. Die ampfelfarbigen Ringe jedoch nutzt man, um zu markieren, wie es um die subjektive Zufriedenheit in jeder Speiche gerade steht. Das Ergebnis ist eine sehr griffig lesbare Standortanalyse, die sich für Seminare gut eignet. Hier ein Beispiel:

Rad des Lebens, Quelle: Karriereguide für Musiker

Hier weiterlesen

Christina Rakebrandt, 2009. Karriereguide für Musiker. quickster

Bernhard Mack, 2000. Führungsfaktor Menschenkenntnis. Verlag Moderne Industrie, Landsberg/Lech

Autorinnen dieses Artikels: Christina Hennig und Dr. Conny Stroh

* Gendern in der Sprache: Im Sinne der guten Lesbarkeit finden sich in den Beiträge mal die männliche, mal die weibliche Form für Klient*innen in wechselnder Kombination mit der männlichen oder der weiblichen Form von Berater*innen. Gemeint sind Menschen aller geschlechtlichen Orientierung.