Die Beziehungsspirale in 8 Phasen

Schlagworte

Beziehungsspirale

Einsatz in der CoreDynamik

Ausbildungsmodul 2.1: Paarseminar

Definition

Die von Bernhard Mack entwickelte Beziehungsspirale bildet die zyklischen Entwicklungs- und Reifephasen ab, die Partner in Bezug auf ihren Umgang mit Nähe und Distanz mehr oder weniger modellgemäß durchleben, wenn sie sich aufeinander einlassen und über Krisen hindurch an der Beziehung wachsen.

Erläuterung

  1. Phase: Wir sind allein und fühlen uns allein. Es fällt uns schwer, das Alleinsein auszuhalten. Wir laufen angstvoll und in Panik herum und suchen ein Objekt unserer Begierde. Wir haben keinen Kontakt zu uns selbst, fühlen uns mit uns alleine unvollkommen, nicht in Kontakt mit unserem Bewusstsein und hoffen auf die Erfüllung durch das Gegenüber.

Gefühl des Mangels, der Verzweiflung, der Sehnsucht. Ich habe vergessen, dass ich immer getragen bin. Das Suchen ist der Ausdruck der Verzweiflung. Es tut gut zu spüren: Ich brauche dich!

  1. Phase: Plötzlich finden wir ein mögliches Gegenüber, wir verlieben uns, idealisieren den Partner, stellen ihn/sie auf ein Podest. Alle unsere Gefühle richten sich auf ihn oder sie, unser Leben bekommt einen Sinn, wir kommen in das Gefühl von Hochstimmung und Glücksrausch.
  • Das Glück, ich projiziere die Erfüllung und das Göttliche auf dich.
  • Ich sehe deine Fehler und Mängel nicht.
  • Ich vergesse in dem Moment, dass ich selbst vollständig bin.
  1. Phase: Wenn der Partner* die Gefühle erwidert, entsteht nach einiger Zeit eine innige Symbiose. Beide Partner verschmelzen, und es kann zu einer tiefen sexuellen Erfüllung und Abhängigkeit kommen. Jede freie Minute wird gemeinsam gelebt, das Leben ist vollkommen und erfüllt.
  • Wir sind eine Einheit, wir gehören zusammen. Illusion: Es wird immer so bleiben. Ewigkeits- und Vollkommenheitswunsch
  1. Phase: Erste Unzufriedenheiten entstehen, erste Vorwürfe und Irritationen führen zu ersten Auseinandersetzungen oder Machtkämpfen. Je nach persönlichem Grundmuster sind die Vorwürfe: ‚Gib mir mehr, du gibst mir zu wenig‘. ‚Du schränkst mich ein‘. ‚Du zeigst zu wenig Gefühl‘. ‚Du gibst mir zu wenig Sicherheit‘ oder ‚Du bist zu viel‘ etc. Die Unzufriedenheit verschwindet wieder, taucht aber erneut auf.
  • Was gefällt mir nicht? Ich brauche wieder meines, zu viel – zu wenig
  • Unzufriedenheit und Versöhnung
  1. Phase: Langsam wächst die Unzufriedenheit. Durch das ‚Gib mir mehr‘ etc. wird der Kampf immer heftiger. Es kann zu schweren Verletzungen und Irritationen kommen. Das innere Kind bäumt sich auf. Alle Register werden gezogen. Das Gegenüber wird zum Monster, das einen daran hindert, das eigene Glück zu leben. Alle negativen Gefühle werden auf den Partner projiziert, Schuldzuweisungen und Hass entstehen.
  • Aggression, Beschimpfungen
  • Uralte Unzufriedenheiten kommen raus: Wut, Hass, Verzweiflung
  • Du bist der Grund meiner Unzufriedenheit
  • Das was ich am meisten liebe, behandele ich am schlechtesten
  • Erste Trennungsversuche, Versöhnungen, Wiederholungen
  1. Phase: Nach mehrmaligen Versuchen kommt es zur Trennung. Einer oder beide Partner sind erleichtert, dass sie dieses hassenswerte Gegenüber losgeworden sind.
  • Auch möglich in Form von einer Pause in einer hitzigen Diskussion, räumlicher Trennung, Auszeit oder Fremdgehen, Heimlichkeiten
  1. Phase: Nach einer Phase der Verzweiflung verwandele ich Einsamkeit in Alleinsein. Im Alleinsein kann die Einsicht entstehen, dass das Alleinsein eine wirkliche Chance ist, bei sich selbst anzukommen und sich mit den eigenen Ressourcen zu verbinden und aufzuladen. Das Alleinsein wird bejaht und zur Übung und zum Erfahren von Selbstliebe genutzt. Die Partner erfahren sich in ihrer Selbständigkeit als vollständig und wertvoll.
  • Allein sein, Was mache ich damit?
  • Autonomie durch Andocken an Ressourcen, andere Kontakte, Bewusstheit, Meditation/Stille, im Großen ruhen
  • Ich bin mir selbst genug, innere Kraft entdecken, ich bin satt
  1. Phase: Auf dieser Ebene von Selbstwertgefühl und Autonomie kann eine neue Freundschaft mit dem gleichen Partner oder, falls dies nicht mehr möglich ist, mit einem anderen Menschen entstehen. Zwei freie Individuen begegnen sich in Achtung und Respekt ohne Schuldvorwürfe, Aggression oder Bitterkeit.
  • Aus der Autonomie der Entscheid: offen für neue Kontakte oder ich komme zu Dir zurück. Und auch wenn ich mich entscheide, zu Dir zu gehen, bleibe ich bei mir.

Die Phasen 4 bis 8 nennen wir auch Differenzierung. Die Beziehungspartner werden sich ihrer Individualität wieder bewusst. Es entsteht Raum für unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen. Ein erwachsener Kontakt zweier in sich gestärkter Gegenüber wird möglich. Wenn die Phase 7 ausgelassen wird, geht man in die nächste Runde oder nächste Beziehung und das alte Drama wird sich wiederholen.

Eine lang andauernde Beziehung durchläuft die Spirale immer wieder, wie auch die Jahreszeiten immer wieder kommen. Der Neubeginn ohne ein emotionales Rabattmarkenheft aus der Vergangenheit ist das große Geheimnis. Es wird ruhiger, weniger dramatisch, weniger ‚heiß‘.

In: Bernhard Mack. 1996. Der Liebe einen Sinn geben. Berlin: Simon & Leutner, S. 60-62

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Robert A. Johnson, 1995. Traumvorstellung Liebe. Der Irrtum des Abendlandes. München: Droemer Knaur

Autorin dieses Artikels: Christina Hennig

* Gendern in der Sprache: Im Sinne der guten Lesbarkeit finden sich in den Beiträge mal die männliche, mal die weibliche Form für Klient*innen in wechselnder Kombination mit der männlichen oder der weiblichen Form von Berater*innen. Gemeint sind Menschen aller geschlechtlichen Orientierung.