Grundüberzeugungen

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Schlagworte

Grundüberzeugungen, Grundmuster

Einsatz in der CoreDynamik

Ausbildungsmodul 1.2: Biografie
Die Grundmuster sind zudem ein grundlegendes Diagnostikinstrument in allen coredynamischen Einzelbegleituneng und in vielen coredynamischen Seminaren.

Definition

Grundmuster bestimmen unsere Wahrnehmung, sowie unser Denken, Fühlen und Handeln. Sie entstehen als biografische (Über-)Lebensstrategien und sind so tief in unserem Unterbewusstsein verankert, dass sie unsere Persönlichkeit nachhaltig prägen.

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Erläuterung

Anhand von Modellen von Ron Kurtz (Hakomi) und aus der Bioenergetik entwickelte Bernhard Mack die acht Grundüberzeugungen/-muster, deren Verständnis inzwischen durch jünger Ansätze wie NARM (Heller/ Lapierre) angereichert ist.

Jedes Grundmuster kann einer Lebensentwicklungsphase zugeordnet werden. Die acht Grundmuster bauen entwicklungspsychologisch aufeinander auf. Es sind früh erworbene Überzeugungen über das Selbst und Andere. Es geht um Schlüsselfragen des Lebens wie Zugehörigkeit, Liebe/Zuwendung, Freiheit/Selbstverantwortung und soziale Kompetenz. Unser gegenwärtiges Selbst ist aus verschiedenen Elementen entstanden, u. A. durch unsere Reaktionen auf Kindheitsereignisse, durch die ein Selbstkonzept entstanden ist, das für den Rest des Lebens wirksam bleibt.

1. Existenz(berechtigung)

Entsteht während der Schwangerschaft und in den ersten Monaten nach der Geburt. Hier entsteht entweder ein grundlegendes Gefühl der Sicherheit, des Willkommenseins, der Lebensberechtigung oder aber der Existenzangst, der Verunsicherung und des Nicht-Willkommenseins.

2. Maß

Entsteht in der oralen Entwicklungsphase in den ersten beiden Lebensjahren. Je nachdem, ob man* in dieser Entwicklungsphase frustrierende oder erfüllende Erfahrungen gemacht hat, bilden sich polare Lebensmuster aus: Entweder wird die Welt als sicherer, stärkender Ort empfunden, an dem ich keine Not leiden muss oder das Gegenteil wird zum Muster: Ich bekomme nie genug, es ist niemand für mich da und die Welt wird als ein nichtunterstützender Ort angesehen.

3. Autonomie

Entsteht ebenfalls in der oralen Entwicklungsphase in den ersten beiden Lebensjahren. Hier wird aufgrund frustrierender Erfahrungen jedoch die Strategie entwickelt: ‚Ich kann es selbst tun, ich brauche niemanden‘.

4. Charme/Verführung

Entsteht zwischen dem 2. und 4. Lebensjahr, wenn das Kind Autonomie entwickelt, aber in seiner Bedürfnisbefriedigung noch von der Mutter abhängig ist. Wird die Bedürftigkeit des Kindes in dieser Phase nicht respektiert und werden seine Bedürfnisse nicht erfüllt, sondern stattdessen als unwichtig und töricht abgetan, lernt es, seine wahren Gefühle und Bedürfnisse nicht mehr offen zu zeigen, um nicht mehr verletzt und manipuliert zu werden. Stattdessen lernt es, selbst zu manipulieren.

5. Macht

Entsteht wie Grundmuster 4 zwischen dem 2. und 4. Lebensjahr. Hier lernt das Kind auf bedrohliche und manipulative Situationen mit Macht und Stärke zu reagieren, um zu vermeiden, ausgenutzt zu werden und um seine Bedürfnisse zu erfüllen.

6. Schuld und Verantwortung

Entsteht in der Phase des Laufenlernens, der Selbstbehauptung und Unabhängigkeit des Kindes. Werden hier falsche Signale gesetzt („Du warst aber lange weg ­­- Mama hat sich allein gefühlt“), entstehen Schuldgefühle.

7. Grenze/Verwirrung

Entsteht im Alter zwischen 3 und 5 Jahren, wenn das Kind beginnt, sich seiner Sexualität bewusst zu werden. So kann die Vermischung von liebevollem Kontakt und sexueller Bedürftigkeit bei Eltern bei Kindern tiefe Verwirrung auslösen.

8. Leistung

Entsteht ebenfalls in der genitalen Phase. Das Kind beginnt die außerhäusliche Umgebung zu erforschen und die vorher liebevollen und akzeptierenden Eltern wollen nun, dass ihr Kind Leistung bringt, „tapfer“ ist und nicht weint, wenn es sich verletzt hat. Die Botschaft an das Kind lautet: „Ich liebe dich, wenn du etwas leistest und dein kindliches Verhalten ablegst.“

0. oder 9. Core

Am Anfang und am Ende der Persönlichkeitsentwicklung steht das Core, Fülle, Flow, Sein, Wesen, das Bernhard Mack auch als 0. oder 9. Grundmuster bezeichnet. Entwicklungspsychologisch ist der Core-Zustand Anfangs- und Endpunkt zugleich. „In der ersten Phase des Lebens im Mutterbauch steht uns alles zur Verfügung, was wir zu unserem Leben brauchen: Nahrung, Schutz, Wärme und ein körperlich-soziales Umfeld (…) Damit das Individuum sich entwickeln kann, müssen zu dieser positiven Symbioseerfahrung des Embryos in der späteren Entwicklung als Reifungsschritt beim Erwachsenen die Fähigkeit zur Lösung, zur Autonomie und das Bewusstsein von Identität hinzukommen. Dies beides ist Voraussetzung für Funktionsverlust und aufgabenorientierte Leistungslust und für Fließen in unseren Tätigkeiten, für ein getragenes und erfülltes Glücksempfinden, für Flow.“ (Mack: KIK 83). Durch Integration der acht Grundüberzeugungen kann es uns gelingen, in unserem Kern anzukommen.

Besonderheiten in der CoreDynamik

Die Grundmuster werden in der CoreDynamik systematisch als Diagnose- und Selbstdiagnoseinstrument eingesetzt. Wir gehen in der CoreDynamik davon aus, dass die Grundüberzeugungen im Wesentlichen unsere Wahrnehmung der Welt bestimmen. Indem wir uns unserer Muster, unseres Blickes auf die Welt bewusst werden, werden Unterschiede in der Wahrnehmung zu anderen Menschen klar und beschreibbar und wir können uns mit Anderen über unsere unterschiedlichen Welten verständigen. Reibungsverluste im Kontakt werden weniger, Kommunikation leichter, wenn ein Verständnis für Unterschiedlichkeit da ist. Grundmuster werden in der CoreDynamik nicht unter aus einem pathologischen Blickwinkel betrachtet, sondern als jedem Menschen innewohnende, sich entwicklungspsychologisch herausgebildete Lebensperspektive. Wir behalten unsere Grundmuster ein Leben lang, können uns jedoch durch Bewusstmachung uns aus dem engen Korsett befreien und es von außen betrachten („Hast du das Muster oder hat das Muster dich?“). Wir gehen davon aus, dass ein Hauptmuster und zwei bis drei Nebenmuster unsere Lebensperspektive bestimmen. Je mehr diese jedoch integriert werden, treten auch die Prägungen der anderen Muster darunter zutage und werden spürbar.

Als Hilfestellung für die Diagnostik und die Selbstdiagnostik sind wesentliche Charakteristika der einzelnen Muster in einer Überblicksliste zusammengefasst.

1. Existenz/Sicherheit

Thema: Urvertrauen
Lebensbegleitende Frage: Bin ich willkommen?
Lebensbegleitendes Motto: Ich gehöre nicht hierher. Ich habe Angst vor Anforderungen. Es wird mir oft alles zu viel.
Qualitäten: Feine Wahrnehmung. Genauigkeit, Zuverlässigkeit, Loyalität, ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden, Konfliktbereitschaft.
Schattenaspekte: Unsicherheit, Erschöpfung, Distanziertheit
Unterstützung: Du bist willkommen, so wie du bist. Schön, dass du da bist. Du gehörst zu uns. Es ist menschlich, sich unsicher zu fühlen.
Selbstunterstützung: Es ist gut, dass es mich gibt. Es ist okay, dass ich da bin. Ich bin okay. Es ist okay.

2. Maß

Thema: Erfüllung
Lebensbegleitende Frage: Bekomme ich genug?
Lebensbegleitendes Motto: Ich bekomme nicht genug. Es reicht nie aus. Es ist niemand für mich da. Alle werden mich verlassen.
Qualitäten: Kraft und Emotionalität, Großzügigkeit, Genuss, Warmherzigkeit, Einfühlungsvermögen
Schattenaspekte: Gefühl, zu kurz zu kommen, Abhängigkeit, Bedürftigkeit
Unterstützung: Ich mag dich. Du hast die Kraft, es aus dir selbst zu tun. (Unterstützende Nähe geben und Grenzen setzen)
Selbstunterstützung: Ich spüre, was ich bekomme. Ich nehme genug. Ich fühle mich erfüllt. Ich kann mich auch selbst halten und nähren.

3. Autonomie

Thema: Unterstützung
Lebensbegleitende Frage: Darf ich Bedürfnisse haben? Darf ich mir Unterstützung holen?
Lebensbegleitendes Motto: Ich komme schon klar. Ich brauche nicht viel. Das schaffe ich schon. Ich brauche niemanden, der mir hilft.
Qualitäten: Kraft, Durchhaltevermögen, Unabhängigkeit, Selbständigkeit, Genauigkeit, Effektivität.
Schattenaspekte: Emotionale Verschlossenheit, Trotz, Distanz.
Unterstützung: Du darfst Deinen Raum haben UND Du musst es nicht allein machen. Du darfst Hilfe annehmen.
Selbstunterstützung: Ich kann sehen, dass mir auch Gutes entgegenkommt. Lernen, Bedürfnisse zu spüren. Lernen, diese einzubringen. Ich kann annehmen, was ich von anderen bekomme.

4. Charme/Verführung

Thema: Direktheit
Lebensbegleitende Frage: Werde ich gesehen, wenn ich echt bin?
Lebensbegleitendes Motto: Mein Charme ist meine einzige Kontaktmöglichkeit. Ich darf keinen eigenen Willen haben und mich abgrenzen. Niemand will mich, wenn ich direkt bin.
Qualitäten: Liebenswürdigkeit, Einstimmung, helle Ausstrahlung, angenehme Körperlichkeit
Schattenaspekte: Indirektheit, Verführungsstrategien, Als-ob-Verhalten.
Unterstützung: Du darfst sachlich sein. Du darfst echt sein. Du musst niemanden um den Finger wickeln, um etwas zu bekommen.
Selbstunterstützung: Ich darf klar meine Meinung sagen. Ich darf ‚nein‘ sagen. Direkter Kontakt ist erlaubt.

5. Macht

Thema: Vertrauen
Lebensbegleitende Frage: Darf ich verletzlich sein? Muss ich alles kontrollieren?
Lebensbegleitendes Motto: Ich kann und muss kann alles kontrollieren. Nur wenn ich Macht habe, kann mir nichts passieren und die Menschen bleiben bei mir.
Qualitäten: Durchsetzungskraft, Führungsqualität, Orientierung geben
Schattenaspekte: Kontrolle, überdimensionale Selbstbehauptung, Angst, Unsicherheit, Einsamkeit.
Unterstützung: Ich respektiere dich, auch wenn ich keine Macht ausübe. Kontakt ist auch ohne Kontrolle möglich.
Selbstunterstützung: Kontrolle ist ein alter Schutz.Ich darf heute auch meine Verletzlichkeit zeigen. Auch wenn ich schwach bin, werde ich respektiert.

6. Schuld und Verantwortung

Thema: Selbstbestimmtheit
Lebensbegleitende Frage: Darf ich eigenständig sein und tun, was ich will?
Lebensbegleitendes Motto: Ich bin immer an allem schuld. Ich bin schuld, wenn es anderen nicht gut geht. Ich mache alles falsch. Ich darf nicht ‚nein‘ sagen
Qualitäten: Verantwortungsbewusstsein, Fürsorge, Zusammenhalt
Schattenaspekte: Schuldgefühle, Selbstvorwürfe, Selbstbestrafung, mangelnde Selbstbehauptung.
Unterstützung: Du darfst selbständig handeln und deinen Weg gehen. Du bist nicht schuld an dieser Situation, Du kannst nichts dafür.
Selbstunterstützung: Ich darf meinen Ärger spüren und mich abgrenzen. Ich traue dir dein Leben zu und meine Verantwortung ist mein eigener Weg. Ich tue, was ich für richtig halte und werde trotzdem geliebt.

7. Grenze/Verwirrung

Thema: Klarheit
Lebensbegleitende Frage:  Wo bin ich? Wie spüre ich meine Grenze und wie vertrete ich sie?
Lebensbegleitendes Motto: Ich weiß nicht, wer ich bin, wo ich anfange, wo ich aufhöre. Gefühle sind das wichtigste im Leben.
Qualitäten: Kreativität, Fröhlichkeit, Lebendigkeit, Spontaneität, Intensität, Mütterlichkeit. Schattenaspekte: Verwirrung, Grenzauflösung, Unklarheit, instabiles Selbstgefühl. Unterstützung: Du darfst Grenzen setzen und ‚nein‘ sagen. Ruhe und Klarheit in die Begegnung bringen, Grenzen wahren.
Selbstunterstützung: Ich spüre mich. Ich richte mich aus und stelle meine Ordnung her. Ich darf mich abgrenzen. Ich kann bei der Sache bleiben.  Kontakt ist auch ohne Erotik und Intensität spürbar.

8. Leistung

Thema: Selbstwert
Lebensbegleitende Frage: Werde ich um meiner selbst geliebt?
Lebensbegleitendes Motto: Nur durch Leistung, Arbeit und Disziplin bekomme ich Anerkennung. Ordnung ist das halbe Leben. Bloß keine Fehler machen.
Qualitäten: Belastbarkeit, Ausdauer, Wissensdurst, Forscherdrang, Strukturiertheit, Klarheit. Schattenaspekte: Perfektionismus, Leistungsdruck, Enge, Genuss-Unfähigkeit.
Unterstützung: Du darfst Fehler machen. Du darfst dich ausruhen. Du bist sicher und geborgen. Du musst nichts tun, um hier sein zu dürfen.
Selbstunterstützung: Ich muss nichts leisten, um geliebt zu werden. Ich umarme meine Unvollkommenheit. Ich gehöre dazu, auch wenn ich nicht der Beste bin. Ich bin okay, einfach weil es mich gibt.

8. Sein

Thema: Freude, Liebe
Lebensbegleitende Frage: Was ist Jetzt?
Lebensbegleitendes Motto: Ich liebe, das, was ist.
Selbstunterstützung: Ich bin okay. Du bist okay. Wir sind okay. Es ist okay. Ich muss nichts tun, um hier sein zu dürfen. Mein Sein ruht atmend im großen Organismus des Lebendigen. Mein Tun ist direkter Ausdruck eines lebendigen Impulses, sei es aus dem selbstverständlichen Handeln heraus, oder aus purer Freude an der Kreation oder aus direktem Mitgefühl mit einem leidenden Wesen.

Hier weiterlesen

Ron Kurtz, 1985. Körperzentrierte Psychotherapie: die Hakomi-Methode. Essen: Synthesis-Verlag (Kurtz nutzt noch die pathologischen Bezeichnungen wie schizoid, hysterisch, masochistisch oder psychopathisch. Unsere Bezeichnung der Grundmuster ist kompatibler für den Coachingkontext und für die therapeutische Arbeit mit „normalneurotischen“ Menschen).

Bernhard Mack, 1999. Kontakt, Intuition & Kreativität. Vom Umgang mit wachsender Komplexität im Management und Alltagsleben. Paderborn: Junfermann Verlag, S. 80–92

Bernhard Mack, 2000. Führungsfaktor Menschenkenntnis: Mitarbeiter verstehen, typgerecht führen, optimal motivieren. Landsberg: Verlag Moderne Industrie, S.101–121

Laurence Heller, Aline LaPierre: Entwicklungstrauma heilen. Alte Überlebensstrategien lösen. Kösel-Verlag, München 2013  (Heller und LaPierre definieren fünf „Überlebensstrategien“, in welchen wir die Aspekte unserer Grundmuster erkennen können. Sehr weiterführend ist hier die Entstehung dieser Prägungen beschrieben und auch der therapeutische Umgang damit.) 

Autorinnen dieses Artikels: Christina Hennig

* Gendern in der Sprache: Im Sinne der guten Lesbarkeit finden sich in den Beiträge mal die männliche, mal die weibliche Form für Klient*innen in wechselnder Kombination mit der männlichen oder der weiblichen Form von Berater*innen. Gemeint sind Menschen aller geschlechtlichen Orientierung.